Eine wüste Achterbahn der Gefühle und Aktionen

„Mit Liebe und Entschlossenheit“ von Claire Denis

von Renate Wagner

Mit Liebe und Entschlossenheit
Avec amour et acharnement / Frankreich 2022

Regie: Claire Denis
Mit: Juliette Binoche, Vincent Lindon, Grégoire Colin u.a.
 
Französische Filme konfrontieren neuerdings mit geradezu quälenden Liebesgeschichten. Gab es im Frühjahr mit dem „Tagebuch einer Pariser Affäre“ eine Dreiecksgeschichte schmerzlichster Art (ein Mann, zwei ihrerseits zusammengehörige Frauen), so ist die Konstellation in „Mit Liebe und Entschlossenheit“ ähnlich, nur daß hier eine Frau zwischen zwei Männern steht – und es zumindest zweien der Beteiligten äußerst weh tut.
Der Film von Regisseurin Claire Denis, den sie gemeinsam mit Christine Angot geschrieben hat, beginnt als reine Idylle – und man möchte sie glauben. Warum soll ein Paar nicht so glücklich sein wie Sara (Juliette Binoche) und Jean (Vincent Lindon), zwei Menschen mittleren Alters und natürlich einer Vergangenheit?
 
Zuerst führt der Film (der in der Zeit der Corona-Masken spielt) in den Alltag der beiden, man erlebt sie (wenn auch nur am Rande) bei ihrer Arbeit als Radiomoderatorin. Er hat einen halbwüchsigen Sohn (Issa Perica) von einer farbigen Mutter. Der Junge, der bei der Großmutter (Bulle Ogier) lebt, fühlt sich vom Leben benachteiligt, wirft das dem Vater vor, der ihn auf seine Eigenverantwortung für sein Leben hinweist.
Und dann bricht plötzlich ein Dritter in die Zweisamkeit ein: Francois (Grégoire Colin); früher der beste Freund von Jean und der Partner von Sara. Da sich der Film gerne geheimnisvoll gibt (was eher nervt als Spannung erzeugt), weiß man nicht, was „damals“ vorgefallen ist, als alles in die  Brüche ging und Jean offenbar (warum?) im Gefängnis war. Jedenfalls drängt sich Francois wieder in das Leben der beiden, bietet Jean, dem Ex-Rugby-Spieler, einen Job in einem neu zu kreierenden Sportstudio an und – macht Sara Avancen.
Und diese kippt, obwohl sie doch kein dummer Teenager, sondern eine erwachsene Frau mit Erfahrungen ist, völlig aus den Schuhen. Was die Regisseurin nun bietet, ist eine tatsächlich wüste Achterbahn der Gefühle und Aktionen, so extrem und auch so künstlich wirkend, daß man es eigentlich kaum nachvollziehen kann. Alles geht kaputt, wobei sich Jean offenbar als der Anständige und Francois als der stets Gewissenlose erweist und Sara mit ihrem Wirbel der Gefühle allein bleibt. Trist. Trostlos. Und irgendwie völlig sinnlos.
 
Natürlich ist die schier unverwüstliche, alterslose Juliette Binoche, eine Schauspielerin von ungewöhnlichem Zauber und, wie man weiß, besonderen Fähigkeiten, aber auch sie tut sich mit dem Drehbuch schwer. Sie spielt alles, was man von ihr verlangt, agiert ihren Schmerz gewissermaßen auch körperlich aus, aber Verständnis für ihre Figur erweckt sie nicht.  Vincent Lindon sieht meist wahnsinnig bedrückt drein und hat auch jeden Grund dazu, und bei Grégoire Colin ahnt man, daß seine Liebesbeteuerungen nicht stimmen und er Sara bei erster Gelegenheit preisgeben wird.
 
Erkenntnis-Fazit des Films: Man kann sich auch selbst zugrunde richten. Und es ist gar nicht cineastisch befriedigend, bei dieser verquälten Amour fou zuzusehen.
 
 
Renate Wagner